In einer neuen Studie der DSS-Forscher Marcus Eisentraut und Eldad Davidov, gemeinsam mit Erstautor Christian S. Czymara, Pascal Kolkwitz-Anstötz und Peter Schmidt, wurde untersucht, welche Faktoren mit klassischen antisemitischen Einstellungen in Deutschland zusammenhängen. Die Analyse basiert auf rund 8.500 Befragten im Integrationsbarometer 2020 und liefert wichtige Erkenntnisse für Prävention und gesellschaftlichen Dialog:
• Muslimische Befragte äußerten häufiger Zustimmung zu klassischen antisemitischen Aussagen als andere Gruppen – insbesondere dann, wenn sie sich selbst als sehr religiös einstuften oder niedrigere Bildungsabschlüsse hatten.
• Zugleich zeigte sich: Muslime mit höherer Bildung oder geringer Religiosität wiesen deutlich niedrigere Zustimmungswerte auf. Besonders bemerkenswert: Muslime, die sich selbst als „eher nicht religiös“ beschrieben, unterschieden sich in ihren Einstellungen kaum von christlichen oder konfessionslosen Befragten.
• Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Herkunft oder Religionszugehörigkeit allein keine hinreichende Erklärung für antisemitische Einstellungen sind. Vielmehr spielen individuelle Merkmale wie Bildung und Religiosität eine zentrale Rolle – und genau hier können präventive Maßnahmen ansetzen.
• Zudem zeigte sich, dass Befragte mit familiären Wurzeln in der Türkei oder der MENA-Region (Nahost und Nordafrika) tendenziell häufiger antisemitische Aussagen bejahten.
• Ein weiterer Befund betrifft die Integration über Zeit: Während christliche Migrant:innen mit zunehmender Aufenthaltsdauer tendenziell moderatere Einstellungen äußerten, ließ sich dieser Effekt bei muslimischen Befragten nicht feststellen – was darauf hinweist, dass Integration nicht automatisch zu einem Wandel von Einstellungen führt.
Die Studie unterstreicht die Bedeutung differenzierter, bildungsorientierter und dialogfördernder Ansätze zur Prävention von Antisemitismus – und liefert dafür eine fundierte empirische Grundlage.